Stadt Saarbrücken und NES: Kinder können in Saarbrückens städtischen Einrichtungen mit fair gehandeltem Spielzeug spielen
80 Prozent des in Deutschland gehandelten Kinderspielzeug wird in China hergestellt – teilweise unter kaum vorstellbaren sozialen und gesundheitlichen Bedingungen der dabei involvierten Arbeiter. Grund genug für die Saarbrücker Stadtverwaltung, gemeinsam mit dem Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland e.V. (NES) eine Weiterbildungsveranstaltung mit den Leitungen der städtischen Kindergärten, Horte und Ganztagsschulen durchzuführen.
Ziel der Veranstaltung war zum einen die Information und Sensibilisierung der MitarbeiterInnen für die mit der Spielzeugherstellung verbundenen Missstände und zum anderen Hilfestellungen, im Alltagsbetrieb die richtigen Kaufentscheidungen zu treffen.
Der für das Thema „fairer Handel“ zuständige Umweltdezernent der Stadt, Kajo Breuer, betonte bei seiner Begrüßung der ca. 30 TeilnehmerInnen den Willen der Stadtverwaltung, fairen Kriterien bei der eigenen Beschaffung zum Durchbruch zu verhelfen. So trinke die Stadtverwaltung seit 2003 fair gehandelten Kaffee, seit 2008 gelten Vergaberichtlinien, die die Beschaffung von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit ausschließen. 2009 sei Saarbrücken erste deutsche Fairtradetown geworden. Und 2011 wolle Saarbrücken sich erneut für den Titel einer „Hauptstadt des fairen Handels“ bewerben, bei dessen letzter Ausrichtung 2009 die Stadt den zweiten Platz belegt habe, so Kajo Breuer.
Anschließend berichtete Referent Uwe Kleinert aus Heidelberg, der für Projekt „fair spielt“ tätig ist über die Produktionsbedingungen von Kinderspielzeug in Südchina. Laut Kleinert gibt es in China zurzeit rund 10.000 Hersteller von Kinderspielzeug. Arbeitszeiten von mindestens 80 bis 90 Stunden in der Woche seien dort die Regel, der eigentlich gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von 121 € im Monat werde deutlich unterschritten, häufig werde absichtlich Lohn zurückgehalten, um eine Kündigung der Arbeiter unmöglich zu machen. Dazu kämen katastrophale Mängel bei Gesundheits- und Arbeitsschutz und fehlende Sozialversicherungen. Und die Chemikalien, die in China die Gesundheit der Arbeiter gefährden, gefährden in Deutschland die damit spielenden Kinder, so Kleinert. Die aktuell bekannt gewordenen Giftskandale im Spielzeug hätten diesen Zusammenhang eindrucksvoll bestätigt. Um diese Missstände abzustellen habe die Spielzeugindustrie inzwischen den ICTI-Kodex festgelegt, der die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeiten, das Verbot von Kinderarbeit usw. und die Kontrolle regele. 32 deutsche Spielzeugfirmen hätten inzwischen versprochen, nur noch bei zertifizierten Fabriken einzukaufen. „fair spielt“ erstellt hierzu eine Firmenübersicht.
Im Anschluss daran stellte der Leiter des Hauptamtes, Günter Seckelmann, vor, wie von seiner Seite mittels Zentraleinkauf, Rahmenvertrag mit geeigneten Lieferanten und Schaffung eines Online-Kaufhauses künftig die BeschafferInnen der Einrichtungen unterstützt werden könnten. Denn aufgrund des politisch beschlossenen Ausbauprogramms der Kinderbetreuungseinrichtungen seien erhebliche Investitionen in diesem Bereich fällig und die Leitungen der Einrichtungen müssten die Beschaffung praktisch neben der Alltagsarbeit leisten. Seckelmann betonte, dass neben den fairen Kriterien vor allem auch eine Vielzahl von ökologischen und gesundheitlichen Faktoren eine Rolle spielten, die von den Lieferanten einzuhalten seien. Das neue System der Beschaffung erleichtere das qualitätsbewusste Einkaufen und führe aufgrund der größeren Rabatte gegenüber dezentralem Einkauf trotzdem nicht zu Mehrkosten sondern eher zu Einsparungen.
Harald Kreutzer vom Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland e.V. begrüßte abschließend das Interesse der Stadt Saarbrücken, der Leitungen der Kindergärten, Horte und Ganztagsschulen und des Beschaffungsamtes den Einkauf ökologisch und fair weiter zu entwickeln. Kreutzer hofft auf Nachahmungseffekte in weiteren saarländischen Städten und Kommunen. Dies unterstützend seien vom Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland e.V. in 2011 saarlandweit weitere Veranstaltungen und Workshops zur Beschaffung der öffentlichen Hand unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte geplant.